Eine andere Welt ist möglich.
Eine Welt ohne Herrschaft, Ausbeutung und Zerstörung.
Eine Welt, deren Maßstab das Glück aller Menschen ist.
Wir treten ein für die Hoffnung auf eine solche befreite Welt.
Viele Menschen spüren manchmal oder immer eine Sehnsucht nach einem
anderen Leben. Nach einem Leben in dem sie ohne Angst und Zwang ihre
Fähigkeiten entfalten können. Nach einem Leben, in dem sie nicht mehr
versuchen müssen, mit sinnlosem Medien- und Warenkonsum die Leere in
ihrem Inneren zu füllen. Und nach einem Leben, in dem es nicht um
Status, Macht und Geld geht, sondern um Schönheit, Freundschaft und
Selbstverwirklichung. Kurz: nach einem selbstbestimmten Leben in
solidarischer Gemeinschaft.
Dabei geht es nicht um das Wohl eines Kollektivs, auch nicht um Fürsorge
von oben herab. Unser Ziel ist eine föderale, hierarchiefreie
Gesellschaft mit bedürfnisorientierter, selbstverwalteter und dezentral
koordinierter Wirtschaft. Sie soll den Staat, die Nationen und den
Kapitalismus ablösen.
Wir treten ein für eine Welt ohne Grenzen und Staaten.
An die Stelle von Regierungen und Nationalstaaten sollen Föderationen
von demokratischen Räten treten. Die Räte stellen keine neuen
Hierarchien durch Stellvertreter*innen her, stattdessen sollen alle
Delegierten an die Beschlüsse ihrer Basis gebunden sein, Posten
jederzeit abwählbar und auf kurze Zeit beschränkt. Im Gegensatz zu
zentralistischen Staaten gehen auf diese Weise Entscheidungen von der
Basis aus und je höher eine Ebene liegt, desto weniger haben ihre
Vertreter*innen zu sagen. Wer auf diese Weise frei und gemeinsam mit
anderen über sein Leben entscheidet, lässt sich weder von Menschen noch
von Verhältnissen beherrschen.
Wir treten ein für einen nicht zerstörerischen Umgang mit der Natur.
Wenn diese Welt endlich nicht mehr eine Ansammlung von Waren,
Hierarchien und Sachzwängen ist und das oberste Ziel nicht mehr die
maßlose Vermehrung von Kapital, dann wird auch das Verhältnis zur Natur
seinen herrschaftlichen Charakter verlieren. Erst eine Gesellschaft, die
auf dem vernünftigen Prinzip der Bedürfnisbefriedigung aufgebaut ist,
kann bewusste Entscheidungen zum nicht zerstörerischen, gleichzeitig
humanen und ökologischen Leben in der Natur treffen. Durch ökologische
und dezentrale Technologie werden Mangel und Hunger besiegt werden.
Mühsal durch Not wird so überflüssig.
Wir treten ein für eine Gesellschaft ohne Lohnarbeit und Arbeitszwang
Wir glauben nicht, dass wir leben um zu arbeiten. Wir glauben ebenso
wenig, dass ein Leben ohne Lohnarbeit eines in Langeweile und Passivität
sein muss. Im Gegenteil halten wir gerade Lohnarbeit für die
Schnittstelle, an der menschliches Leben den irrationalen Bedürfnissen
der Kapitalverwertung untergeordnet wird: es ist egal, ob dabei etwas
Schönes oder Nützliches entsteht oder ob einem gefällt was er*sie tut:
Hauptsache Arbeit, damit die Profite fließen können.
Gerade dieses Zwangssystem, das menschliche Tätigkeiten zu inhaltsleeren
Roboterdiensten macht, muss durch freie gemeinsame Koordination ersetzt
werden. In befreiter solidarischer Tätigkeit steckt ein noch zu
entfesselndes Potential an Erfindungsreichtum und ebenso lustvoller wie
nützlicher Aktivität. Wenn Menschen selbst entscheiden können, wo und
wofür sie ihr Potential umsetzen, werden sie freiwillig und zwanglos den
Drang nach Betätigung ausleben – ob alleine oder gemeinsam, ob
organisiert oder spontan.
Wir stehen nicht am Ende der Geschichte.
Uns ist bewusst, dass hier Fernziele formuliert werden. Sie sind
utopisch, also unverwirklicht in der gesamten bisherigen Geschichte.
Aber der aktuelle Zustand ist nicht das Ende der Geschichte. Geschichte
ist nichts unabhängiges, das uns passiert. Sie wird von Menschen, also
von uns, gemacht. Um nicht vor der scheinbaren Übermacht der
herrschenden Verhältnisse zu kapitulieren, sich einzurichten oder zu
verzweifeln, brauchen wir den Ausblick auf eine bessere Welt. Wir
brauchen den Widerschein einer noch zu erkämpfenden Freiheit, um unsere
eigene Unfreiheit erkennen zu können.
Der katastrophale Verlauf des 20. Jahrhunderts zeigt uns aber auch, dass
wir uns nicht auf Gewissheiten verlassen können. Die universelle
Emanzipation wird nicht von selbst durch unabhängig wirkende historische
Gesetze herbeigeführt werden, sondern nur durch den Prozess einer
bewussten Selbstbefreiung.
Den Feind in unserem Kopf erkennen.
Unser alltägliches Denken und Fühlen ist jedoch durch Herrschaft und
Unterdrückung geprägt. Dies führt zu Gewalt und mal gerichtetem, mal
ungerichtetem Zerstörungswille als Spiegel der Zerstörungen, die der
Kapitalismus in der Welt und unseren Köpfen anrichtet. Wir müssen
erkennen, wo unser Bewusstsein, besipielsweise durch Ängste und
Ressentiments wie Sexismus, Rassismus und Antisemitismus, der
allgemeinen Emanzipation Grenzen setzt, um diese Grenzen einzureißen.
Für gegenseitige Hilfe und Selbstorganisation – weltweit!
Vielen mag es scheinen, als seien alle Bemühungen aussichtslos. Die
imperiale Politik des 20. Jahrhunderts hat die Welt in Trümmer gelegt,
der Kapitalismus wird seinem Anspruch als totalitäres Weltsystem immer
mehr gerecht. Gegenbewegungen wie Islamischer Staat und Boko Haram
spiegeln mit ihren barbarischen Entgrenzungen von Gewalt und Herrschaft
nur das, was sie zu bekämpfen vorgeben.
Doch überall in der Welt gibt es, wenn auch von den Medien nicht so
beachtet, Formen von gegenseitiger Hilfe und Selbstorganisation, wie wir
sie beispielsweise bei der Opposition in der Türkei sehen, bei den
Zapatistas in Mexico oder in Rojava, wo trotz der Kriegsbedingungen
Freiheiten erkämpft und verteidigt werden, die in dieser Region unerhört
sind.
Der Kampf um Freiheit und Selbstbestimmung ist nicht auf Europa
beschränkt. Er wird überall geführt. Die Anarchistische Gruppe will
diesen Kampf durch Kultur, Kritik und Aktion anstoßen und unterstützen.